Die 2,5 Kilometer lange und bis zu 30 Meter tiefe Schlucht ist ein Nebental des einstigen Dneprzuflusses Potschajna.
Am 29. und 30. September 1941, wüteten Einsatzgruppen der deutschen Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes(SD) im "Russlandfeldzug" zur Vernichtung der Sowjetunion und ermordeten über 33.000 jüdische Kinder, Frauen und Männer. Angehörige des Heeres der faschistischen Wehrmacht, die das größte einzelne Massaker an Juden im Zweiten Weltkrieg aktiv mit vorantrieben, waren an dem Kriegsverbrechen beteiligt. Planung und Ausführung der Vernichtungsaktion erfolgten in der Verantwortung des SD und in enger Zusammenarbeit mit der 6. Armee unter Generalfeldmarschall von Reichenau.
Die jüdische Bevölkerung Kiews, die bei Kriegsbeginn 220.000 Menschen zählte, war zum großen Teil vor dem Einmarsch der Wehrmacht geflüchtet oder diente in der Roten Armee.
Hans von Obstfelder, General des 29. Armeekorps, das der 6. Armee unterstand, stellte Kiew unter Besatzungsrecht und ernannte den Chef der Feldkommandantur 195, Generalmajor Kurt Eberhard , zum Stadtkommandanten. Kurz nach der Eroberung von Kiew führten innerstädtische Explosionen in der Stadt zur Vernichtung hunderter Wehrmachtsangehöriger. Am 27. September fand im Stab von Generalmajors Kurt Eberhard eine Besprechung statt, wo die Ermordung der Kiewer Juden unter dem Deckmantel einer "Evakuierungsaktion" beschlossen wurde. Teilnehmer waren u.a. Friedrich Jeckel(bekannt durch das Massaker von Kamenez-Podolsk), SS-Brigadeführer Otto Rasch(Befehlshaber der Einsatzgruppe C) sowie SS-Standartenführer Paul Blobel(Befehlshaber des Sonderkommandos 4a).
Am 28. September 1941 wurden Bekanntmachungen über eine Evakuierung an die Kiewer Juden herausgegeben. "Sämtliche Juden der Stadt Kiew und Umgebung haben sich am Montag, dem 29. September bis 8 Uhr Ecke der Melnykowa- /Doktoriwski-Straße einzufinden. Mitzunehmen sind Dokumente, Geld und Wertsachen, sowie warme Bekleidung, Wäsche, usw. Wer dieser Aufforderung nicht nachkommt und anderweitig angetroffen wird, wird erschossen." Dem Aufruf folgten mehr Juden als erwartet und diese wurden in Gruppen aus der Stadt zur Schlucht geführt und durch Maschinengewehr- und Maschinenpistolenfeuer erschossen. Dabei wurden am 29. und 30. September 1941 innerhalb von 36 Stunden 33.771 jüdische Kinder, Frauen und Männer ermordet.
Eine der wenigen Überlebenden, Dina Pronitschewa, schildert das Grauen so: „Sie mussten sich bäuchlings auf die Leichen der Ermordeten legen und auf die Schüsse warten, die von oben kamen. Dann kam die nächste Gruppe. 36 Stunden lang kamen Juden und starben. Vielleicht waren die Menschen im Sterben und im Tod gleich, aber jeder war anders bis zum letzten Moment, jeder hatte andere Gedanken und Vorahnungen, bis alles klar war, und dann wurde alles schwarz. Manche Menschen starben mit dem Gedanken an andere, wie die Mutter der schönen fünfzehnjährigen Sara, die bat, gemeinsam mit ihrer Tochter erschossen zu werden. Hier war selbst zum Schluss noch eine Sorge: Wenn sie sah, wie ihre Tochter erschossen wurde, würde sie nicht mehr sehen, wie sie vergewaltigt wurde. Eine nackte Mutter verbrachte ihre letzten Augenblicke damit, ihrem Säugling die Brust zu geben. Als das Baby lebendig in die Schlucht geworfen wurde, sprang sie hinterher.“
SS-Obersturmführer August Häfner berichtete über die Zusammenarbeit zwischen Wehrmacht und SS: „Wir mußten die Drecksarbeit machen". Generalmajor Kurt Eberhard sagte: ‚Schießen müsst ihr!‘“. Generalfeldmarschall Walter von Reichenau forcierte die Aktion persönlich, wie aus einem Bericht der SS nach Berlin hervorgeht: „Wehrmacht begrüßt Maßnahmen und erbittet radikales Vorgehen“.An der Aktion waren weiterhin auch Angehörige des Polizeiregiments Süd der Ordnungspolizei, der Geheimen Feldpolizei und ukrainische Hilfspolizisten sowie beteiligt. Die Wehrmacht leistete mehr als nur logistische Hilfe, indem sie die Stadt und den Erschießungsort absicherte. Nach dem Morden sprengten Pioniere zur Spurenbeseitigung die Ränder der Schlucht. Dabei wurden angeschossene Opfer lebendig begraben.
Bis zur Einnahme Kiews durch die Rote Armee im November 1943 fanden weitere Massenerschießungen an verschiedenen Orten im Stadtgebiet von Kiew statt, bei denen sowjetische Kriegsgefangene und Zivilisten unterschiedlicher Nationalitäten getötet wurden. Die Anzahl der Opfer liegt unterschiedlichen Schätzungen zufolge bei insgesamt zwischen 150.000 und 200.000.
SS-Standartenführer Paul Blobel wurde wegen Mordes an 60.000 Personen, darunter der Opfer von Babyn Jar, zum Tode verurteilt und am 7. Juni 1951 in Landsberg gehängt. Im Jahr 1968 wurden weitere acht Mitglieder des Sonderkommandos 4a im Callsen-Prozess (SS-Führer Kuno Callsen war der Verbindungsoffizier Blobels zum Armeeoberkommando 6) zu langen Haftstrafen verurteilt. Generalfeldmarschall Walter von Reichenau war 1942 an einem Schlaganfall gestorben; Generalmajor Kurt Eberhard verübte 1947 in US-Internierungshaft Suizid. Im August 1971 wurde der Polizeimajor und SS-Sturmbannführer Kreuzer als Mittäter bei 40.000 fachen Mord für schuldig befunden und zu sieben Jahren Haft wegen Beihilfe zum Massenmord von Babyn Jar verurteilt. Darüber hinaus war er laut Urteil an den Morden von Berdytschiw, Chorol, Slawuta, Schepetowka, Sudylkow und Winniza.
Keiner der Offiziere der Wehrmacht, die sich an Vorbereitung, Durchführung oder Vertuschung des Massakers beteiligt hatten, musste sich jemals vor Gericht verantworten.