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Der 20. Juli 1944 , der Bendlerblock und der Widerstand gegen den Faschismus

|   VVN BdA Chemnitz

Mit großem Respekt und in tiefer Dankbarkeit wird jährlich am 20. Juli derer gedacht, die im Angesicht der unausweichlichen Niederlage des Deutschen Reiches
im, von ihm gewollten und verursachten 2. Weltkrieg, den Versuch zur Tötung Hitlers unternahmen. Mit einem erfolgreichen Attentat sollte die Grundlage für eine Absetzung der faschistischen Machthaber sowie die Voraussetzungen für die mögliche Beendigung des Krieges geschaffen werden. Das Scheitern des Vorhabens endete mit der Erschießung von Claus Graf Schenk von Stauffenberg und Mitstreiter sowie Todesurteilen am Reichsgericht, unter Freisler, der das Todesurteil für die Geschwister Scholl fällte.

Leider wird mit zunehmenden zeitlichen Abstand der Jahrestag des Attentates der Widerstand und seiner öffentlichen Würdigung in seiner Gesamtheit auf dieses Ereignis reduziert. Die Geschichte der Attentäter, vormals teils glühende Verehrer Hitlers und aktive Wehrmachtsoffiziere sowie Wirtschaftslenker, findet nahezu keine Erwähnung.
Während Georg Elser bereits am 8. November 1939 das Attentat auf Hitler im Münchner Bürgerbräukeller verübte, marschierte kurz zuvor Stauffenberg als Zweiter Generalstabsoffizier mit Kriegsausbruch(den er als Erlösung bezeichnete)mit seiner Division im Südwesten Polens ein. Die Geschwister Scholl wurden am 18. Februar 1943 beim verteilen von Flugblättern in München verhaftet und unmittelbar danach hingerichtet. Stauffenberg wurde zur gleichen Zeit zum Oberstleutnant befördert und als Erster Generalstabsoffizier zur 10. Panzer-Division der Armee von Rommel nach Nordafrika versetzt. Von dort sandte er von Begeisterung getragene Feldpost nachhause.
Erst im Angesicht der bevorstehenden Niederlage der Wehrmacht fanden sich die Attentäter und wollten weitgehend isoliert ein wirkungsvolles Signal zum Widerstand sowie physischen Vernichtung Hitlers setzen. Ihr später Mut zum aktiven Widerstand verdient Anerkennung und Würdigung.

Dies sollte aber auch  in einer deutlich ausgewogeneren und differenzierteren Art für jene Menschen gelten, die schon vor der Machtergreifung vor den kriegerischen Absichten der Faschisten gewarnt und von Anbeginn der Machtergreifung durch Hitler den Widerstand organisierten. Tausende Frauen und Männer unterschiedlicher Parteizugehörigkeit und Konfession wurden in KZ verschleppt und viele von ihnen wurden erhängt, erschlagen, verbrannt. Wehrmachtsangehörige, die sich an dem Vernichtungsfeldzügen nicht beteiligen wollten, wurden durch Erschießungskommandos hingerichtet. 

Mit der Wiedervereinigung begann eine offensive Revision des Widerstandsbildes. Der Handschlag Hindenburgs mit Hitler feiert mit dem Neubau der Garnisonkirche in Potsdam mit Millionen Steuermitteln seine öffentliche Wiederbelebung und damit Würdigung. Desserteure der Wehrmacht galten aber weiterhin als Vaterlandsverräter und Kriegerdenkmale wurden restauriert, aber antifaschistische Gedenksteine sowie Tafeln aus dem öffentlichen Raum entfernt.
Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes wurde auf Bundes- sowie Länderebene vom Verfassungsschutz und Finanzamt diskreditiert.
Während Kasernen der Bundeswehr, Straßen und Plätze, die Namen faschistischer Wehrmachtsoffizieren tragen, behielten, wurde im Osten eine beispiellose Namenflederei bei antifaschistischen Widerstandskämpfer im öffentlichen Raum betrieben.

Nicht nur die Witwe vom Blutrichter Freisler bekam eine staatliche Rente, begleiteten faschistische Richter, Staatsanwälte sowie Ministerialbeamte hohe Ämter in der Bundesrepublik. Auch heute noch gibt es Kirchenglocken die mit Nazisymbolen und faschistischen Sprüchen versehen und zum Teil noch betrieben werden.

Bei dieser Art von Traditionspflege feiert faschistisches Gedankengut in der Bundeswehr, Polizei, Verfassungsschutz und in Ämtern seine Auferstehung. Adlersymbolik im Staatsemblem und Balkenkreuze an Bundeswehrfahrzeugen sowie eiserne Orden tun ihr übriges und rechte Strukturen verfestigen sich.

Heute wird das Ereignis vom 20. Juli konterkariert und offenbart eine gewisse Heuchelei, indem immer noch eine unrühmliche Nationalhymne gespielt und öffentlich im Bendlerblock mit der Vereidigung von Soldatinnen und Soldaten für die Bundeswehr geworben und junge Menschen auf einen Krieg vorbereitet werden.

Die Lehre aus dem Widerstand gegen die Faschisten kann und muss lauten: Nie wieder Faschismus - Nie wieder Krieg! Deshalb sollte die Bundesrepublik entschieden bei der aktiven Suche nach diplomatischen Lösungen bei jedweden Konflikten vorangehen und auf aktive personelle, materielle sowie substantielle Drohgebärden unbedingt verzichten.

 

Raimon Brete, Josephinenplatz 1, 09113 Chemnitz

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