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Der Widerstand gegen den Faschismus war sehr vielschichtig

Erstellt von Raimon Brete | |   VVN BdA Chemnitz

(Es gibt noch viel zu erforschen)

Damit kein Gras über antifaschistische Geschichte wächst und ihre Opfer sowie Überlebenden eine angemessene Würdigung für ihren selbstlosen Kampf erfahren, kümmert sich in diesem Sinne eine kleine Gruppe von Chemnitzerinnen und Chemnitzer um die Pflege eines Erinnerungsortes an Dr. Richard Sorge in Chemnitz. Ein kleiner Hain mit einem Gedenkstein im Stadtteil Chemnitz - Kaßberg, der das Gedächtnis an die Aufklärungsgruppe "Ramsey" und die in Japan Hingerichteten wach hält, erfährt ehrenamtliche und koordinierte Pflege.

Richard Sorge war vor und während des Zweiten Weltkrieges für die sowjetische Auslandsaufklärung als Journalist in China und Japan tätig. Ein Pseudonym für die Illegalität in Deutschland (KPD Beteiligung) lautete R. Sonter, sein Deckname für den Japan-Einsatz „Ramsay“ (russ. Рамза́й).Er beschaffte im Vorfeld des Bruches des Nichtangriffspaktes durch Deutschland Informationen zum Termin des Angriffs der Wehrmachtstruppen und im September 1941, dass Japan trotz des Dreimächtepakts mit dem faschistischen Deutschlands keinen Angriff auf
die Sowjetunion beabsichtigte.
Der Gedenkstein auf dem Kaßberg ist der einzige besuchbare Erinnerungsort im Freistaat Sachsen für den deutschen Internationalisten, einen Aufklärer im Dienst der Roten Armee der Sowjetunion im Kampf gegen die deutsche Wehrmacht in Sachsen. Straßen, Institutionen  und Einrichtungen, die in der DDR nach ihm benannt worden waren, fielen der "Schilder Stürmerei" in der Nachwen-
dezeit zum Opfer.

Ähnliches Schicksal teilte das Gedenken und Erinnern an Fritz Schmenkel.
Im Dezember 1938 wurde Schmenkel zur Wehrmacht eingezogen. Der Dienst in Uniform und der Eid auf Adolf Hitler waren ihm zuwider, seine Disziplinlosigkeit brachte ihm mehrmals eine Arreststrafe ein. Nach wiederholtem unerlaubten Entfernen von der Truppe, zuletzt im Oktober 1939, wurde Schmenkel verhaftet und 1940 von einem Kriegsgericht zu 18 Monaten Haft verurteilt. Im November 1941, wenige Wochen nach seiner Verlegung an die Front als Angehöriger des 1. Artillerieregiments der 186. Infanteriedivision, desertierte er und flüchtete in die Wälder von Smolensk. Er reihte sich bei belorussischen Partisanen und ließ sich für Hinterland Einsätze ausbilden.
Nach einer Festsetzung während eines Auftrages wurde er 1944 von einem Kriegsgericht zum Tode
verurteilt und hingerichtet.
Eine private Initiative von Sympathisanten und Unterstützern des Erinnerungsortes "Dr. Richard Sorge" sammelte Geld, um Fritz Schmenkel 2022 einen Erinnerungsstein auf einem Friedhof bei Minsk setzen zu können. Allein in Chemnitz trugen eine Straße und eine Schule seinen Namen.

Vor wenigen Tagen stieß Peter Blechschmidt in einer Publikation der Stadt Schriesheim auf ein weiteres Beispiel für Opfer der der NS Wehrmachts-Justiz, über ein Mitglied des Nationalkomitees Freies Deutschland(NKFD), auf Walter Mohr - in der DDR als Mitglied der Gruppe " Bejdin" bekannt. Walter Mohr begab sich freiwillig in Gefangenschaft der Roten Armee, durchlief eine Antifa
Schulung und meldete sich für einen Auftrag als Emissär des NKFD. Er wurde mit anderen Gruppenmitgliedern im Hinterland festgesetzt, vor einem Standgericht zum Tode verurteilt und soll 1943/1944 hingerichtet worden sein. Auch für ihn gibt es bisher keine
Grabstätte.
Walter Mohr war lt. eigenen Angaben anfänglich engagiertes HJ - Mitglied (Jungvolkführer) und für den Krieg eingenommen. Die Kriegserlebnisse veranlassten ihn, sich freiwillig in Gefangenschaft zu begeben und sich mit gleichgesinnten Deutschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten der Roten Armee zur Verfügung zu stellen. Während seiner Haft, vermutlich wie auch
Fritz Schmenkel im Wehrmachtsgefängnis Torgau, verfasste er für seine Familienangehörigen ein erhalten gebliebenes Credo unter dem Titel: WIDERSTAND MUSS GELEISTET WERDEN!


Drei Schicksale mit unterschiedlichen und weiterhin forschungsrelevanten Biografien, die ein Ziel widerspiegeln - den Kampf gegen den Faschismus mit den unterschiedlichsten Mitteln. Dafür, für die Befreiung vom Faschismus, bezahlten sie mit ihrem Leben.
Ihr Schicksal sollte uns Vermächtnis für Projekte weiterer Aufarbeitung der Geschichte des antifaschistischen Widerstandes und ihrer Träger sowie Opfer sein und Ansporn für deren öffentliches Erinnern und angemessene Würdigung sein.(RB)

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