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Der in Köln lebende Künstler Gunter Demnig wurde 1947 in Berlin geboren. Nach dem Studium für Kunstpädagogik, Industrial Design und Freie Kunst in Berlin und Kassel arbeitete er an verschiedenen Projekten.
1993 entstand die Idee zum Projekt "Stolpersteine". Diese Steine, die mit einer Gedenktafel aus Messing versehen sind, sollen an Opfer der NS-Zeit erinnern. Sie werden vor dem letzten selbst gewählten Wohnort der Opfer in den Bürgersteig eingelassen. Die ersten dieser Steine verlegte der Künstler 1997 (zuerst illegal) in Berlin - Kreuzberg. Seit 2000 wurden, in dem nun offiziellen Projekt, mehr als 100.000 dieser Steine in über 430 Städten und Gemeinden in Deutschland, den Niederlanden, Polen, Österreich, Tschechien, der Ukraine und Ungarn verlegt.
"Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist", sagt Gunter Demnig und will so die Erinnerung an diese Menschen lebendig halten.
In Chemnitz wird das Projekt vom VVN-BdA Chemnitz, der die Initiative zur Verlegung der ersten Stolpersteine im Jahre 2007 übernahm, und der Stadt Chemnitz getragen.
Für 120 Euro kann jeder eine Patenschaft für die Herstellung und Verlegung eines "Stolpersteins" übernehmen.
Es ist ein Projekt gegen das Vergessen: 330 „Stolpersteine“ lassen bisher in Chemnitz Menschen innehalten. Eingelassen in den Bürgersteig, erinnern die Gedenksteine an tragische Schicksale von Mitbürgern, die während des nationalsozialistischen Regimes verfolgt, deportiert, ermordet oder in den Tod getrieben wurden. 10 mal 10 cm kleine Messingtafeln auf den Steinen geben Auskunft über Namen und die wichtigsten Lebensdaten dieser Menschen und markieren ihre letzten frei gewählten Wohn- oder Wirkungsstätten.
Am Samstag, dem 20. September 2025, wurden weitere 30 neue Stolpersteine an zwölf Orten in Chemnitz verlegt und eingeweiht.
In diesem Jahr ehrte die Stadt Chemnitz jüdische, politische und Euthanasieopfer. Möglich gemacht haben dies engagierte Bürger:innen und Schüler:innen aus Chemnitzer Schulen, die mit der Übernahme von Patenschaften für die kleinen Gedenkplatten auch deren Finanzierung gesichert haben. Viele von ihnen sowie Angehörige der Geehrten aus Israel und der Schweiz sowie weitere Nachkommen ehemaliger Chemnitzer jüdischer Familien haben die Verlegung im Stadtgebiet begleitet.

Anfragen zur Stolpersteinpatenschaft richten Sie bitte direkt an uns, den Stadtverband Chemnitz des VVN/BdA,
E-Mail: info(at)vvn-bda-chemnitz(dot)de
Postanschrift:
VVN-BdA Chemnitz
09002 Chemnitz
Postfach: 251
Erreichbar in der Zeit :
Mittwoch, 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr
Telefon: +49 175 744 5824
Erich Jacoby kam 1927 mit seiner Familie von Berlin nach Chemnitz, um hier im TIETZ als Abteilungsleiter für die Damenkonfektion zu arbeiten. Tochter Marion wurde 1928 in Chemnitz geboren. Beide Kinder besuchten später die Andréschule auf dem Kaßberg. Nach der Pogromnacht, in der Erich Jacoby in „Schutzhaft“ genommen und anschließend kurzzeitig in das KZ Buchenwald verschleppt wurde, setzten die Eheleute alles daran, die Kinder in Sicherheit zu bringen. Am 6. Juni 1939 konnten Gerhard und Marion mit einem Kindertransport nach Schweden in Sicherheit gebracht werden. Erich und Eugenie Jacoby wurden am 13. Juli 1942 in einem Sammeltransport nach Osten deportiert. Die Jüdische Gemeinde Chemnitz ging nach Kriegsende davon aus, dass dieser Transport das Ghetto Belzyce als Ziel hatte.
Die Eheleute Richard und Sophie Sander, geb. Grossmann, wohnten mit ihren beiden Söhnen Ernst und HerbertSander in dem Haus Dresdner Straße 4, wo sie auch ein Möbelgeschäft besaßen. Während der Novemberpogrome wurden die Söhne in „Schutzhaft“ genommen. Herbert Sander wurde im Mai 1942 in das Ghetto Belzyce deportiert, sein Bruder Ernst genoss aufgrund einer „Mischehe“ vorübergehenden Schutz.
Richard Sander starb am 15. Juli 1942 und wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Chemnitz beigesetzt. Sophie Sander wurde im September 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie im Februar 1945 auf ihren Sohn Ernst Sander traf. Gemeinsam kehrten sie am 9. Juni 1945 nach Chemnitz zurück. Hier verstarb sie am 9. Dezember 1950. Sohn Herbert galt als verschollen.
An Ernst Sander erinnert seit dem Frühjahr 2024 eine ehemalige Zelle im Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis.
Die Eheleute Kalman und Hanah Kugelmas, geb. Bloner, lebten vermutlich seit Anfang der 1920er-Jahre in Chemnitz und führten hier ein Geschäft mit Herrengarderobe. Sie und ihre Tochter Margot Kugelmas gehörten zu den 335 Juden mit polnischer Staatsangehörigkeit aus Chemnitz, die am 28. Oktober 1938 im Rahmen der „Polen-Aktion“ verhaftet und nach Polen abgeschoben wurden. Ihr weiteres Schicksal ist unbekannt.
Szyja Wulf, ein Partiewarenhändler aus Russisch-Polen, lebte mit seiner Familie seit 1910 in Chemnitz und erwarb 1913 hier das Hausgrundstück Uferstraße 9. Während des Ersten Weltkriegs zog er im Dezember 1917 mit seiner Ehefrau Ettel Lea Wulf, geb. Buchaster, und den Söhnen Elias und Joseph Wulf, der hier zur Welt gekommen war, zurück nach Krakau. Während der NS-Zeit wurden die Eheleute, ihr älterer Sohn Elias und dessen Familie im Krakauer Ghetto ermordet. Sohn Joseph, ausgebildeter Rabbiner, überlebte Auschwitz und das Gestapogefängnis Krakau. Er dokumentierte später in der BRD die NS-Verbrechen und publizierte dazu zahlreiche Bücher. Er nahm sich auf tragische Weise im Oktober 1974 das
Karl Otto, Schriftleiter, Lyriker und Kulturfunktionär, war Mitglied der KPD und des Roten Frontkämpferbundes. Seine Ehefrau Marianne Otto, geb. Schubert, ebenfalls bei der KPD, arbeitete als Stenotypistin und Korrespondentin. Sie wurde am 8. Mai 1933 verhaftet und befand sich bis zum 16. Mai 1933 im Polizeipräsidium in „Schutzhaft“.
Bereits im März 1933 kam Karl Otto wegen „illegaler Zusammenkunft“ in das Untersuchungsgefängnis auf dem Kaßberg und von dort in das KZ Sachsenburg, wo er am 6. November 1933 entlassen wurde. Nach erneuter Verhaftung im Oktober 1934 wegen „staatsfeindlicher Einstellung“ wurde er abermals in das KZ Sachsenburg überführt und im Dezember 1934 entlassen.
1942 wurde Karl Otto für die Wehrmacht mobilisiert und geriet am 9. Mai 1945 in englische Kriegsgefangenschaft. Ihm gelang im Dezember 1945 die Flucht und Rückkehr in die Heimat. Später befasste er sich ausführlich mit der Geschichte des Lagers Sachsenburg.
Der Fabrikant Louis Goldschmidt, Chemnitzer Geschäftsmann, wurde Anfang 1933 bei einem Geschäftsessen im Chemnitzer Hof unter einem Vorwand auf die Straße gelockt und in das berüchtigte „Hansa-Haus“, verschleppt, wo er von NS-Schergen schwer misshandelt wurde. Seiner Familie gelang es, ihn daraufhin in die Schweiz bringen, wo er monatelang zwischen Leben und Tod schwebte. Er überlebte und kehrte nie wieder nach Chemnitz zurück. Im September 1936 zog er nach England und gründete dort eine neue Strumpffabrik. Er verstarb im Januar 1962 in London.
Hugo Benda, Inhaber einer Wollwarenfabrik, und Ehefrau Louise Marie Benda, geb. Krug, lebten mit Tochter Ilse Benda seit 1932 in dem Haus Henriettenstraße 50. In Folge des Aufrufes zum „Judenboykott“ im April 1933 wurde Hugo Benda verhaftet und schwer misshandelt. Auch der Geschäftsumsatz brach drastisch ein, sodass er sich gezwungen sah, Konkurs anzumelden. Hugo Benda erlag im Mai 1936 einem schweren Krebsleiden.
Kurz nach der Reichspogromnacht im November 1938 verließen Mutter und Tochter Chemnitz fluchtartig. Den Krieg und die deutsche Besatzung überlebten beide in der Illegalität in Brüssel und kehrten später nach Deutschland zurück.
Die Jüdin Nanny Paudler, geb. Fröhlich, war in zweiter Ehe mit Verlagsvertreter Johannes Paudler, der aus Böhmen stammte, verheiratet. Infolge dessen konvertierte sie zur römisch-katholischen Kirche. Die Eheleute Paudler waren aufgrund ihrer jüdischen Abstammung und antifaschistischen Haltung ständigen Schikanen ausgesetzt. Im Januar 1944 verließen sie Chemnitz und hielten sich an verschiedenen Orten verborgen. Während eines Krankenhausaufenthaltes von Nanny wurde ihr Ehemann von der Gestapo verhaftet, kam jedoch wieder frei. Kurz vor Kriegsende flohen sie aus Berlin ins Erzgebirge. Johannes Paudler entging dort dank des Einmarsches der Roten Armee im Mai 1945 nur knapp einem Kriegsgericht.
Gerhard Rothe litt im Kleinkindalter an Krampfanfällen und konnte kaum sprechen. Aufgrund des unheilbaren Gesundheitszustandes wandte sich der Vater an das Jugend- und Wohlfahrtsamt der Stadt, dieses empfahl ihm die Einweisung in die Nervenheilanstalt. Im Juli 1932 erfolgte die Aufnahme von Gerhard in die „Anstalt Katharinenhof in Großhennersdorf“. Im Herbst 1940 wurde er zusammen mit 63 weiteren Personen in einem „Sammeltransport verlegt“ und noch am selben Tag in der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein mit Gas ermordet.
Dr. Helmuth Klemperer war jüdischer Jurist und seit Dezember 1925 als Assessor beim Amtsgericht und Landgericht in Chemnitz zugelassen. Mit seiner Ehefrau Ursula Klemperer, geb. Pabst, und ihrer gemeinsamen Tochter Edith Charlotte Klemperer wohnte die Familie bis 1933 in der Heinrich-Beck-Straße 1, bevor sie nach Barcelona flohen. Auf den Entzug seiner Zulassung als Rechtsanwalt im selben Jahr bezog er von dort in couragierten Schreiben an den sächsischen Justizminister Stellung gegen das Regime. In Barcelona bekam das Ehepaar 1936 sein zweites Kind, Justus Thomas Klemperer. Gemeinsam wanderte die Familie 1937 über Prag nach Ecuador aus. Im Juli 1953 erfolgte die Wiedereinbürgerung in Deutschland und 1957 die Wiederzulassung von Dr. Helmuth Klemperer als Rechtsanwalt.
Kaufmann Heinrich Neumann gründete mit seinem älteren Bruder Sigmund im Jahr 1908 ein Großhandelsgeschäft für Strumpf- und Handschuhwaren. 1921 heiratete er Dora Hedwig Neumann, geb. Grellmann. Ihr erstes gemeinsames Kind kam 1921 tot auf die Welt, 1923 wurde Tochter Fanni Ruth geboren. Doch auch sie verstarb krankheitsbedingt 1928 und wurde auf dem jüdischen Friedhof in Chemnitz-Altendorf beigesetzt.
Heinrich Neumann wanderte 1939 nach England aus. Ehefrau Dora war womöglich zu krank um nachzukommen. 1945 wurde sie bei Luftangriffen in einem Luftschutzkeller verschüttet und trug schwere Verletzungen davon. Wohl aufgrund schwerer Depressionen und der allgemeinen Körperschwäche nahm sie sich 1946 das Leben. Heinrich Neumann überlebte seine Ehefrau um sieben Jahre.
Kaufmann Heinrich Neumann gründete mit seinem älteren Bruder Sigmund im Jahr 1908 ein Großhandelsgeschäft für Strumpf- und Handschuhwaren. 1921 heiratete er Dora Hedwig Neumann, geb. Grellmann. Ihr erstes gemeinsames Kind kam 1921 tot auf die Welt, 1923 wurde Tochter Fanni Ruth geboren. Doch auch sie verstarb krankheitsbedingt 1928 und wurde auf dem jüdischen Friedhof in Chemnitz-Altendorf beigesetzt.
Heinrich Neumann wanderte 1939 nach England aus. Ehefrau Dora war womöglich zu krank um nachzukommen. 1945 wurde sie bei Luftangriffen in einem Luftschutzkeller verschüttet und trug schwere Verletzungen davon. Wohl aufgrund schwerer Depressionen und der allgemeinen Körperschwäche nahm sie sich 1946 das Leben. Heinrich Neumann überlebte seine Ehefrau um sieben Jahre.
Dr. Hans Brenner und seine 50 Mitstreiter haben ein umfangreiches Werk über die Anfänge der Konzentrationslager in Sachsen vorgelegt.
Die Neuerscheinung der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung wirft ein neues Licht auf die Zeit der Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945 in Sachsen. Zu den Themen zählen das System der Frühen Konzentrationslager von 1933 bis 1937 (mit mindestens 80 sächsischen Städten und Gemeinden), die politischen Prozesse gegen Gegner des NS-Systems, Opferschicksale aus den verschiedenen Verfolgten-Gruppen und die als Todesmärsche bezeichneten Evakuierungsmärsche aus Konzentrationslagern und deren Außenlagern ab Herbst/Winter 1944 über sächsisches Territorium.
Mit einem umfangreichen Datenanhang und vier thematischen Karten liefert das Buch neuestes Forschungsmaterial für die sächsische Heimat- und Landesgeschichte.
Brenner, Hans / Heidrich, Wolfgang / Müller, KlausDieter / Wendler, Dietmar (Hrsg.) NS-Terror und Verfolgung in Sachsen.
Von den Frühen Konzentrationslagern bis zu den Todesmärschen Sächsische Landeszentrale für politische Bildung, Dresden 2018, 624 S

