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war ein von der landeseigenen Sächsischen Staatsbank auf dem Höhenpunkt der Welwirtschaftskrise 1931/32 initiiertes Rettungsprojekt. Mit Millionenkrediten wurden die wichtigsten Firmen des sächsischen Automobilbaus entschuldet und zu dem drittgrößten Unternehmen der deutschen Kraftfahrzeugbranche vereinigt.
Bald nach der Gründung der Auto Union aus den Firmen DKW in Zschopau. Audi, Horch in Zwickau und der Automobilabteilung der Wanderer-Werke in Chemnitz kamen die Nationalsozialisten an die Macht. Das NS-Regime begünstigte die Automobilwirtschaft, subventionierte den werbeträchtigen Rennsport und gab als Leitbild für die Zukunft Deutschlands eine “Volksmotorisierung” aus. Im Sog des einsetzenden Konjukturaufschwungs konsolidierte sich die Auto Union rasch. Es wurden neue Kfz-Modelle entwickelt, die auch erfolgreich exportiert werden konnten. Der sächsische Autokonzern wurde zur mit Abstand größten Firma in Sachsen. Bereits 1934 beschäftigte er 13.000 Arbeiter und Angestellte.
Zum Aufschwung der Auto Union trug unzweifelhaft auch die Aufrüstung Deutschlands nach 1933 bei. Der Rüstungsanteil am Jahresumsatz belief sich bis zum Zweiten Weltkrieg aber zumeist auf deutlich unter 20 %. Mit Anschubfinanzierung durch das Reichsluftfahrtministerium baute sie in Taucha bei Leipzig schon vor dem Krieg eine große Flugmotorenfabrik(MMW) auf, die aber zunächst “10-Prozent-Minderheitenpartner” blieb.
Ab Sommer 1940 wurde die Produktion des Konzerns dann rasch zunehmend auf Rüstungsgüter umgestellt. Ende 1940 übernahm die Auto Union die MMW vollständig, wodurch sich ihre Rüstungsumsätze nahezu verdoppelten. 1941 erzielte sie dann schon 70% ihres Umsatzes im Rüstungsgeschäft, 1944 weit über 90%.
Mit der Eingliederung von MMW und vollends mit der im Winter 1943/44 anlaufenden Produktion des schweren Panzermotors HL-230 für die Tiger- und Panther-Panzer im Werk Siegmar stieg die Auto Union in eine höhere Liga der deutschen Rüstungsproduzenten auf. Sie genoss nun die Vorzüge höchster Dringlichkeitseinstufung, wie bevorrechteter Maschinen- und Arbeitskräfteanforderung. Bald übernahm sie die Führungsrolle im Panzermotoren-Programm. Trotz Bombenschäden vergrößerte sich der durchweg modernisierte Maschinenpark allein der Stammbetriebe der Auto Union AG von 1939 bis Frühjahr 1945 um 51,2%. Der Umsatz des Konzerns verdoppelte sich in diesen Jahren.
Die freiwillige und zwangsweise Rekrutierung von Arbeitskräften vermochte mit den Anforderungen der Auto Union im Kriegsjahr 1944 längst nicht mehr Schritt zu halten. Der Rückgriff auf das in den Konzentrationslagern vorhandenen “Menschenpotenzial” aus vielen Ländern Europas erlaubte es ihr nun abermals, die drohende Kapazitätsgrenze hinaus zu schieben. Sie wurden dadurch in die Lage versetzt, den eingeschlagenen Kurs betrieblicher Expansions und “Gewinnmitnahme” in der heißlaufenden Rüstungskonjunktur fortzusetzen und - aus humantiärer Sicht- mit dem Masseneinsatz völlig entrechter “Sklavenarbeiter” auf die Spitze zu treiben. Auf dem Höhepunkt im Februar/März 1945 beschäftigte die Auto Union in ihren Werken in Sachsen rund 3700 KZ-Häftlinge, von denen mindestens 447 verstarben. Der Gesamtumfang des “Einsatzes” von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern, Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen in den Werken der Auto Union erhöhte sich im letzten Kriegsjahr auf bis zu 45% der Belegschaft. In den Außenlagern bei der zur Auto Union in Zwickau(Horch-Werk) , in Siegmar bzw. Hohenstein-Ernstthal, in Zschopau(DKW) wie auch in den Außenlagern bei der zur Auto Union gehörenden Agricola GmbH in Oederan und der DKK in Willischthal waren Essens- und Kleidungsentzug. Schläge und sonstige Schikanen feste Bestandteile des Alltags der KZ-Häftlinge. Im Außenlager beim Horch-Werk mit seinen 900-1000 männlichen Häftlingen kam es sogar zu gezielten Tötungshandlungen durch das SS-Wachpersonal. Mitte April 1945 wurden alle Außenlager von der SS evakuiert und die Häftlinge auf Todesmärsche und Todestransporte geschickt. Sie sollten den Befreiern nicht lebend in die Hände fallen. So war es Praxis, Häftlinge, die wegen Auszehrung nicht mehr laufen konnten, zu erschiessen.
In den Werken der Auto Union versuchten ausländische und deutsche Arbeitskräfte durch Prodution von Aussschuss bei Rüstungsgütern sporadisch Widerstand zu leisten. Einige deutsche Arbeiterinnen und Arbeiter beschafften auch Nahrungsmittel, Kleidung und Informationen von “Feindsendern” für die Zwangsarbeiter/ innen und Kriegsgefangenen. Eine Widerstandgruppe im Werk Rößlerstr. wurde 1944 verraten und die Mitglieder wurden verhaftet. Unter ihnen befanden sich Werner Malecki und Max Schuster. Die Gestapo Chemnitz brachte sie zunächst ins Kaßberg-Gefängnis und später ins KZ Flossenbürg. Werner Malecki wurde am 28.12. 1944 dort ermordet. Sie SS brachte Max Schuster in das KZ Außenlager Leitmeritz. Am 03.01. 1945 wurde er im Außenlager “Elsabe” des KZ Flossenbürg bei der Produktion von Panzermotoren der Auto Union AG zu Tode geschunden.
Die jüdischen Frauen und Mädchen, die bei DKW in Zschopau für die MMW Taucha Flugzeugmotorenteile fertigen mussten , wurden in Güterwagen eingepfercht und ohne Nahrung auf Transport geschickt. 15 Frauen gelang es unterwegs zu fliehen. Die Jüdin Odette Spingarn aus Paris marschierte nach dem Sprung aus dem Zug zurück nach Zschopau. wo Sie einen ihr bekannten französischen Kriegsgefangenen traf, der sie zur Frau Elli Fullmann brachte. Fau Fullmann mit ihren vier Kindern, selbst erst in Hamburg ausgebombt und den Mann im Krieg verloren, riskierte die Todesstrafe, nahm Odette Spingarn auf und versteckte sie bis Kriegsende in ihrer Wohnung, wo sie überlebte und nach Paris zurückkehren konnte. Der Staat Israel und die Gedenkstätte Yad Vashem ehren Personen, die Juden vor dem nationalsozialistischem Rassenwahn retteten. So wurde auch Elli Fullmann auf Antrag von Odette Spingarn als "
Zwischen Oktober 1944 und April 1945 befand sich im Gelände der Astra-Werke AG,
Altchemnitzer Straße 41, ein Außenkommando des KZ Flossenbürg. 510 Frauen und
Mädchen, vor allem Russinnen, Polinnen und Italienerinnen, mussten hier Zwangsarbeit
für die deutsche Rüstungsindustrie leisten. Sie litten unter den Schikanen der SS-Aufseherinnen,
der schlechten Unterbringung und Verpflegung sowie den harten Arbeitsbedingungen.
Heute ist kaum noch vorstellbar, unter welchem seelischen Druck, welchen
Demütigungen und körperlichen Belastungen die weiblichen KZ-Häftlinge leiden
mussten.
Dem Betrieb wurdeindenAnkündigungslisten nur das Geschlecht, die Häftlingsnummer
und das Geburtsdatum der jeweiligen Person mitgeteilt -keine Namen.
Am 24. Oktober 1944 traf der Transport von weiblichen Häftlingen aus dem KZ
Auschwitz ein. Die Frauen wurden im geschlossenen Einsatz in zwei Schichten, 12
Stunden pro Schicht, zur Arbeit gezwungen. Arbeitskleidung, Decken, Essgeschirr sowie
Essen waren durch die Astra-Werke AG zu stellen. Die Häftlinge erhielten keinen
Lohn, aber die Astra-Werke AG musste ein Entgelt von 4,-RM für das Tagwerk unter
Abzug der Verpflegung von 0,70 RM pro Häftling an das KZ Flossenbürg abführen. Die
Unterbringung erfolgte im 5. Stock des Werkes I auf dreistöckigen Holzpritschen, mit
Strohsäcken ohne Bettzeug. Minderwertige Essensrationen, schlechte hygienische Bedingungen,
Kälte und Bestrafungen durch die SS-Wachmannschaften gehörten zum Alltag der Häftlinge. Strafen bestanden u. a. aus Schlägen bzw. Essensentzug, meist wegen mangelnder Arbeitsleistung.
Nach dem Bombenangriff auf Chemnitz am 5. März 1945 gab es für einige Tage kein
Essen, Hunger, Kälte und Krankheiten, auch Tote durch Unterernährung, waren die
Folgen der menschenunwürdigen Verhältnisse. Es gab nachgewiesen zwei Tote, drei
Frauen flüchteten und acht wurden ins KZ Ravensbrück.
Als Wachpersonal kamen etwa 40, meist junge weibliche Betriebsangehörige von der
Astra-Werke AG zum Einsatz, die für diese Zeit der SS unterstellt waren. Nur wenige
Frauen meldeten sich freiwillig, viele Frauren wurden unter Androhung von Strafen
durch die Betriebsleitung gezwungen, Mitte August 1944 an einem „Lehrgang“ im KZ
Ravensbrück teilzunehmen. Die Ausbildung dauerte nur wenige Tage. Von dort wurde
ein Teil als SS-Aufseherinnen in das KZ-Außenlager von Buchenwald, nach Leipzig-Schönau,
und ein anderer Teil in das im Aufbau befindliche Außenlager des KZ Flossenbürg, zur
"Freia" nach Freiberg, abkommandiert. Erst Ende 1944 bzw. Anfang 1945 kamen die
meisten Frauen als SS-Aufseherinnen wieder bei der Astra-Werke AG zum Einsatz.
In der Nacht vom 12. zum 13. April marschierten die Häftlinge unter strenger Bewachung
durch Chemnitz zum Güterbahnhof Hilbersdorf. Am 14. April 1945 fuhren sie
in zehn vollkommen verschlossenen Güterwagen nach Leitmeritz (Litomerice). Sie standen
in diesem Güterzug einen ganzen Tag und eine ganze Nacht auf dem Güterbahnhof
Hilbersdorf. Es gab weder Sitzgelegenheiten noch Stroh. Sie waren so eng eingepfercht,
dass sie sich während der ganzen Fahrt nicht legen konnten. Von Leitmeritz (Litomerice)
marschierten sie zu Fuß nach Hertine, wo sie bis zur Befreiung in einer Munitionsfabrik
arbeiten mussten. Es kam in dieser Munitionsfabrik bei den Frauen zu Vergiftungen,
teilweise mit tödlichem Ausgang. Die Anzahl der Toten ist aus den Zeugenberichten
nicht ermittelbar.
Dr. Hans Brenner und seine 50 Mitstreiter haben ein umfangreiches Werk über die Anfänge der Konzentrationslager in Sachsen vorgelegt.
Die Neuerscheinung der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung wirft ein neues Licht auf die Zeit der Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945 in Sachsen. Zu den Themen zählen das System der Frühen Konzentrationslager von 1933 bis 1937 (mit mindestens 80 sächsischen Städten und Gemeinden), die politischen Prozesse gegen Gegner des NS-Systems, Opferschicksale aus den verschiedenen Verfolgten-Gruppen und die als Todesmärsche bezeichneten Evakuierungsmärsche aus Konzentrationslagern und deren Außenlagern ab Herbst/Winter 1944 über sächsisches Territorium.
Mit einem umfangreichen Datenanhang und vier thematischen Karten liefert das Buch neuestes Forschungsmaterial für die sächsische Heimat- und Landesgeschichte.
Brenner, Hans / Heidrich, Wolfgang / Müller, KlausDieter / Wendler, Dietmar (Hrsg.) NS-Terror und Verfolgung in Sachsen.
Von den Frühen Konzentrationslagern bis zu den Todesmärschen Sächsische Landeszentrale für politische Bildung, Dresden 2018, 624 S
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