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Unvergessen - Marie Luise Pleißner

Marie Luise Pleißner wurde am 17. Mai 1891 in Chemnitz in ein liberales Elternhaus hineingeboren. Nach dem Besuch von Volks- und höherer Mädchenschule trat sie in die beruflichen Fußstapfen ihrer Eltern und wurde Lehrerin.

Sie unterrichtete ab 1912 Deutsch, Religion und später auch Turnen an der Chemnitzer Schloßschule. Während des Ersten Weltkrieges setzte sie sich im Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenverein für den Abbau von Bildungsungleichheiten zwischen Jungen und Mädchen und für den Zugang von Mädchen zu einer akademischen Ausbildung ein. 

Sie betätigte sie sich im Vorstand des Chemnitzer Lehrervereins und gründete überdies in Chemnitz einen Ortsverein des Deutschen Staatsbürgerinnenverbandes, vormals Allgemeiner Deutscher Frauenverein. Außerdem engagierte sie sich in der Ortsgruppe des Weltfriedensbundes für Mütter und Erzieherinnen und in Organisationen der „Nie wieder Krieg“-Bewegung. 

Sie wurde Mitglied in der Deutschen Demokratischen Partei und kandidierte bei den Reichstagswahlen 1933.

Nach der faschistischen Machtübernahme  folgten wegen ihrer antifaschistischen Äußerungen Verhöre in Schule und Stadtbehörde. 1934 wurde Marie Luise Pleißner als „politisch nicht tragbar“ mit 43 Jahren in den Ruhestand versetzt. Trotz Verlust des Berufs, des Verbots der Partei und der Frauen- und Friedensorganisationen, denen sie angehörte, engagierte sie sich weiter gesellschaftlich. Sie gab jüdischen Kindern und deren Eltern privat Sprachunterricht, um sie bei ihrer Emigration zu unterstützen. Mehrfach reiste sie nach London und erwirkte in der dortigen jüdischen Gemeinde Unterstützung bei der Aufnahme ausgereister Jüdinnen und Juden. Mindestens einer Frau und mehreren Kindern konnte sie so die Ausreise aus Deutschland ermöglichen.

1939 wurde Marie Luise Pleißner von einer Sekretärin, der sie Nachhilfe gegeben hatte, wegen einer kriegskritischen Äußerung denunziert und von der Gestapo verhaftet. Nach Aufenthalt in verschiedenen Gefängnissen wurde sie ohne Gerichtsurteil im Frauen-KZ Ravensbrück inhaftiert und musste dort unter verschärften Bedingungen Zwangsarbeit leisten. Neun Monate später kam sie frei, wurde allerdings weiterhin von der Gestapo überwacht.

Nach Kriegsende holte Marie Luise Pleißner ihr Abitur nach und arbeitete wieder als Lehrerin sowie als Dozentin bei der Ausbildung von Neulehrer/innen.  Sie stellte ihre Kraft voller Enthusiasmus in den Dienst eines antifaschistischen, demokratischen Neuaufbaues, war Mitbegründerin des Demokratischen Frauenbundes Deutschlands(DFD) und der Liberal Demokratischen Partei Deutschlands(LDPD), vertrat deren Politik im Chemnitzer Stadtparlament und im Sächsischen Landtag Marie Luise Pleißner setzte ihr frauen- und friedenspolitisches Engagement fort.

1945 wurde sie zur Dozentin für die Neulehrerausbildung und von 1946 bis 1953 zur Fachlehrerin an der Friedrich-Engels-Oberschule, heute Karl-Schmidt-Rottluff-Gymnasium, berufen.

Sie hielt zahlreiche Vorträge vor Friedensgesellschaften im Ausland.

Ehrungen

Kurz vor ihrem 90. Geburtstag wurde sie in der DDR mit der Auszeichnung „Stern der Völkerfreundschaft“ geehrt. 

Namensgebung: Marie-Luise Pleißner-Park in Chemnitz-Bernsdorf, an der Wartburgstraße zw. Bernsdorfer und Zschopauer Straße. Der Landesfrauenrat Sachsen e.V. errichtete seine zehnte Gedenktafel im Rahmen des Projektes "frauenorte sachsen".

Gedenkstein auf dem St. Nicolaifriedhof in Chemnitz-Kappel(hier ruhen auch Marianne Brandt, Martha Schrag, Minni Herzig, Hermann Schiersand, Maria Schmid-Billhardt und Dr. Dr. Walter Oertel).

NS-Terror und Verfolgung in Sachsen

Dr. Hans Brenner und seine 50 Mitstreiter haben ein umfangreiches Werk über die Anfänge der Konzentrationslager in Sachsen vorgelegt.

Die Neuerscheinung der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung wirft ein neues Licht auf die Zeit der Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945 in Sachsen. Zu den Themen zählen das System der Frühen Konzentrationslager von 1933 bis 1937 (mit mindestens 80 sächsischen Städten und Gemeinden), die politischen Prozesse gegen Gegner des NS-Systems, Opferschicksale aus den verschiedenen Verfolgten-Gruppen und die als Todesmärsche bezeichneten Evakuierungsmärsche aus Konzentrationslagern und deren Außenlagern ab Herbst/Winter 1944 über sächsisches Territorium. 

Mit einem umfangreichen Datenanhang und vier thematischen Karten liefert das Buch neuestes Forschungsmaterial für die sächsische Heimat- und Landesgeschichte.

Brenner, Hans / Heidrich, Wolfgang / Müller, KlausDieter / Wendler, Dietmar (Hrsg.) NS-Terror und Verfolgung in Sachsen.
Von den Frühen Konzentrationslagern bis zu den Todesmärschen Sächsische Landeszentrale für politische Bildung, Dresden 2018, 624 S